Eine Gruppe von Kriegern, die mir auf meinen Reisen entgegenkamen mußten, obwohl es Tapfere Krieger waren, vor dem Geschehenen im südlichen Freidland eine solche angst haben, daß ich sie nur mit mühe dazu bewegen konnte, mir zu erzählen, was sie dort erlebt haben. Einer von ihnen erzählte mir die folgende Geschichte.



Aran der Barbar hat ja schon immer gesagt: Türen immer zulassen! Aber sosehr ich mich auch ins Zeug gelegt habe, um unsere Priesterinnen davon zu überzeugen, sie haben es wohl besser gewußt. Zack, war die Türe offen und der finstere Fiesling Belzenach hat sein Unwesen getrieben. Den ganzen Nachmittag lang mußten wir, Krieger und Wachen eben, und mit Untoten herumschlagen, während die "Abteilung fürs Grobe Denken", also Priesterinnen, Schamanen, Gelehrte, Magier und Chefs, diskutiert haben, wie sie das Kind jetzt aus dem Brunnen holen. Irgendwann, so fünf Minuten vor der Dunkelheit, haben sie dann Nägel mit Köpfen gemacht und beschlossen, in einem großen Ritual dem Bösen und dem Guten zu zeigen, daß sie zusammengehören und sich gefälligst nicht gegenseitig schlagen sollen.
Man muß wohl ein Krieger sein, um zu sehen, daß das nicht funktionieren kann. Denn wozu, so würde Aran fragen, "Wozu geben Gute und Böse wenn nicht für Kampf?". Die Bösen waren wohl der gleichen Meinung, und so durfte ich Zeuge einer der schönsten Schlachten des Jahres werden.
Unser Ritual hatten wir auf dem Hang des nördlichen Hügels abgehalten. Wir standen in einem großen Quadrat, die Waffen vor uns auf dem Boden, als über uns, auf der Hügelkuppe, auf einmal der flügelbewehrte Belzenachs auftauchte, mit grünleuchtenden Augen und einer Horde von mehr als fünfzig Untoten und Dämonen in breiter Front. Ich stand in der oberen Seite des Quadrats und konnte so aus erster Reihe miterleben, wie sich die Horde auf uns zubewegte. Mann, hab ich mich gefreut, so was geiles sehen zu dürfen. Das Spielerquadrat hat erstaunlich lange ausgehalten, bevor die ersten schreiend davon gerannt sind, um sich irgendwo anders der Gefahr zu stellen. Auch mir wurde es zu blöd, und ich packte meine Waffen und suchte die Kampfreihe der Spieler. Es gab keine, denn natürlich hatten sich die restlichen Leute der Flucht der ersten angeschlossen. "Zum Lager" riefen die einen, "Zu den Wikingern" die nächsten und "Schildwall" wieder andere. Es war ein hübsches durcheinander. Trotz alledem, die ersten Bösewichte sahen sich immer noch einer Überzahl kampfbereiter Spieler gegenüber, die teils sogar zusammen zu arbeiten versuchten. Auch ich hatte mich mit zwei, drei Anderen an den ersten Grünäugigen herangewagt, aber bevor ich irgend etwas unternehmen konnte, zeigte dieser mit dämonischer Hand auf mich, und eine riesige Furcht überkam mich, so daß ich schreien und Fluchend den Hang hinunter rannte und den gegenüberliegenden zur Hälfte wieder hinauf, bis ich mich beruhigt hatte.

Von hier oben hatte ich ein weiteres Mal eine unvergleichliche Sicht auf die Untotenarmee, die mittlerweile den Hügel fast gänzlich eingenommen hatte und im Tal und am Eingang zum Lager auf die erste ernstzunehmende Gegenwehr traf. Ein riesiges Banner trugen sie in ihrer Mitte, und ein Trommler und ein Dudelsackspieler begleiteten mit infernalischen Lärm den Kampf. Ich erkannte, daß ich ins Lager nicht mehr gelangen konnte, außer durch die Schlachtreihe der Untoten hindurch, und beschloß, ihre Flanke anzugreifen, wo sich auf einer Fläche von sicher 1000 Quadratmetern versprengte Spieler und Untote Scharmützel lieferten.


Es war mittlerweile zappenduster, und keiner konnte mehr Freund und Feind recht auseinanderhalten. "Mensch?" riefen die Menschen jeden näherkommenden an, und wenn er nicht antwortete, dann suchten die Lebenden meistens das Weite. Selbst in vierfacher Übermacht ließen sie sich oft nicht auf einen Kampf ein, so sehr hatte ihre Moral unter dem ersten Ansturm gelitten. Ich wagte mich mit zwei Anderen an den nächsten Grünäugigen heran, nur um wieder schreiend das Weite zu suchen. Ich wurde langsam heiser. Wieder auf der Kuppe des Hanges angekommen machte ich mich abermals auf den Weg in die Schlacht, diesmal fest entschlossen, mir einen normalen Untoten ohne Leuchtaugen zum Gegner zu suchen. Einen fand ich recht schnell, und weil er mir gerade den Rücken zuwandte, konnte ich ihn recht mühelos niederstrecken. Mit nur wenig gestärkten Mut ging ich auf den Hochweg, der die südliche Begrenzung des Tals markierte. Die Untoten hatten sich inzwischen in das Lager hinein gekämpft, und das Tal selber gehörte völlig ihnen. Ich hörte das Gestöhne der Verwundeten (und das Auszählen der SL, was fast noch gruseliger ist).
Auf dem Hochweg irrten ein paar versprengte Menschen herum, die, zum Teil auch schon verletzt, sich nicht zu einem Angriff auf die Handvoll Untoter entschließen konnten, die vor ihnen die Wache des feindlichen Banners bildeten. Man warnte mich, daß die Gegner bisweilen wieder aufstanden, nachdem sie erschlagen waren. Alles in allem kein fröhlicher Augenblick, und ich zweifelte mittlerweile stark, ob ich diese Schlacht überstehen würde. Meine Priesterin, deren Leibwache ich eigentlich war, hatte ich seit der Massenflucht nach dem Ritual nicht mehr gesehen. Ich überlegte mit, daß ich ihr, wo immer sie auch war, wohl am besten dienen konnte, wenn ich so viele Feinde wie möglich beschäftigte.

Ein Wesen mit einem langen Zweihänder hielt unweit von mir drei Menschen in Schach, indem es seine Waffe aufreizend langsam von links nach rechts schwang. Ich eilte hinzu und versuchte, seine Schwünge möglichst gut abzupassen, um immer wieder an es heran zu eilen und zuzuschlagen. Es gelang mir, und nachdem ein weiterer Mensch dem Wesen von hinten noch einen Hieb verpasst hatte, sank es in sich zusammen. Ein weiterer Untoter spielte das gleiche Spiel mit einer langen Hellebarde, und diesmal war ich es, der sich um das Ungetüm herum schlich und es von hinten niederzustrecken versuchte. Allein, meine Schläge schienen ihm nichts antun zu können, und so entschloß ich mich, die hölzerne Stange seiner Waffe zu greifen und sie ihm nach Möglichkeit zu entreißen. Ich führte meinen Plan aus, griff die Waffe, zog mit aller Macht daran, so daß sie in weitem Bogen herumfuhr und... den nächsten Untoten traf, der im gleichen Augenblick mit einer erstaunlich gewandten Bewegung eine Dolchklinge über meine Kehle schnitt. Mir wurde schwarz vor Augen.

Als ich wieder zu mir kam, sah ich nur gefalle Um mich, einen Untoten hier einen Menschen dort. Nach einiger Zeit, in der ich mich vor Schwäche kaum rühren konnte und in der ich mein warmes Blut durch meine Kleider sickern spürte, wurde ein vorbei eilender Elf auf mich aufmerksam. Gegen meinen schwachen Protest zauberte er irgendwas an mir herum und eilt dann verschreckt weiter. Erst einige Zeit später kam eine merkwürdig gewandete Frau mit dunkler Haut und wies einen mir unbekannten Mann an, mich aufzuheben und in ihr Lazarettzelt zu tragen. Dort blieb ich, hervorragend versorgt mit Tee und Whisky (es war das sehr fidele Lazarett der OGSEC: Organisation of goat-shit-exporting countries) bis zum nächsten Morgen, als ich mich mühsam die wenigen Meter bis zu unserem Lager schleppte. Keiner dort war unverwundet geblieben, Getorix, meinen Gefährten aus vielen Schlachten, hatte diesen Kampf nicht überlebt, und es blieb uns nur noch, ihn zu bestatten und schnell von dannen zu ziehen. Denn die Schlacht war keineswegs zu unseren Gunsten ausgegangen. Belzenach hatte vielmehr seine unheiligen Krieger, gerade da sie zum letzten Sturm aus das klägliche Häufchen Überlebender ansetzten, in Luft aufgelöst und den Menschen neben der Niederlage auch noch die Schmach eines entgangenen Heldentodes beigebracht.



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Bericht von Michael Höppner.